Der Alaskan Malamute – Der pflegeleichte “Problemhund”

2004 bekam ich meinen ersten Alaskan Malamute. Anka, eine schwarz/weiße Hündin im Alter von 16 Wochen. Die Gründe warum und wieso gerade ein Malamute, habe ich schon oft genug beschrieben. Fakt ist, dass ich schon nach kurzer Zeit relativ schnell überfordert war, da keine Gebrauchsanleitung am Hund angebracht gewesen war.

Nukka from Ridaldundaga. Ein Ursprungshund der Rasse Alaskan Malamute

Was tut man in so einer Situation? Man beginnt Bücher zu kaufen und zu lesen, man hört sich um, man gerät schnell in die Fänge von selbsternannten Expertinnen und Experten. Man fängt an, am Hund in Sachen Erziehung herum zu experimentieren, denn alles was man so erklärt bekam und man reingedrückt bekommt, passt irgendwie nicht zusammen, und schon gar nicht zum Hund selbst. Ich konnte weder mit den teilweise gut gemeinten Tipps was anfangen, noch klappte es mit bewusst falschen Angaben, also jenen mit denen man sich die Nase anschlagen sollte weil man nur schwer Einlass in die “Elite” der nordischen Hundehalter bekommt.

Tja, zum Glück habe ich vieles schnell durchschaut. Ich habe gelernt auf den Hund zu schauen. Seine Reaktionen zu beobachten, von ihm genauso zu lernen als er von mir lernte. Und siehe da, wir hatten 10 wunderbare Jahre von denen ich keine Minute missen möchte. Was hatten wir also anders gemacht?

Ich hab nach schon kurzer Zeit aufgehört auf andere zu hören! Ich habe mich selbst mit meinem Hund und seinen Bedürfnissen auseinandergesetzt. Ich habe alles was ich gelesen, gehört oder mitgeteilt bekommen habe, vom Tisch gewischt, und mir meine eigene Meinung über Alaskan Malamutes gemacht. Doch es war noch immer nicht genug. Trotz allem hatten wir so unsere Problemchen. Auch als unser zweiter Nordischer, unser Siberian Husky Alaskan Kitaro zu Anka dazukam, änderte sie sich nicht mehr all zu viel. Sie war eine liebevolle Hündin zu mir, aber eine Furie gegenüber vielen anderen Hunden und absolut nicht folgsam. Außer sie musste arbeiten! Da passte jedes Kommando, sie war eine Leaderin und Alphahündin zugleich. Eine brisante Mischung, aber ich konnte mir ihr gut umgehen. Mit beiden, denn mein Rüde war ohnehin ein Phlegmatiker.

400kg Zugkraft könnte sie entwickeln, wenn ich wollte.

Als ich 2017 meine neue Hündin bekam, war im Vorfeld durch die Erfahrungen mit Anka und Kitaro schon im Vorfeld klar was ich wollte. Eine Hündin aus einer Ursprungszucht. Das schloß Mitteleuropa schon einmal aus, denn diese Hunde sind nur mehr ein Abklatsch dessen, was sie sein sollten. Körperlich genauso wie psychisch. Ja, sie sehen alle super schön aus, kassieren einen Ausstellungstitel nach dem anderen ab, haben Ahnenreihen wo einem der Neid fressen könnte, und trotzdem sind sie nur mehr Malamutes der zweiten oder sogar dritten Reihe. Die Zucht ging sonderbare Wege, und die FCI und der ÖKV machen auch ihr Ding dazu. Ich würde es nun mal hart “Waschlappenhunde” mit “aggressivpupertärem” Charakter nennen, was so manche Zucht hervorbringt. Und genau diese Hunde muss man dann von einer Hundeschule zur nächsten zerren, die umformen, den Charakter brechen, ihnen den Willen nehmen, um im Enderfolg einen “Hund” zu haben. Genau das sind sie dann, Hunde, und keine Nordischen mehr.

Nukka, meine neue Hündin aus Lettland, ein Ursprungshund auch mit langer Ahnenreihe, ist genau das was ich haben wollte. Ein wunderbarer Charakter, sanftmütig zu allen Tieren (außer jene die ins Jagdschema passen, was wohl klar ist, wenn man sich einen brillanten Jäger zulegt!), nichts vergessend und extrem nachtragend (ja die Sturheit der Malamuten ist eine besondere Eigenschaft), verschmust aber trotzdem kein Kuschelhund, selbstständig und wild aber nicht bösartig und zerstörwütig. Anstelle der Bemühungen einer “Erziehung”, habe ich die “Kleine” die sich mittlerweile zu einer g’standenen 40kg-Hündin entwickelt hat, einfach ein meiner Gegenwart (dafür habe ich mir fast 1 Jahr Auszeit genommen, um bei ihr zu Hause zu sein) aufwachsen lassen, wie sie ist. Sie lernte durch meine Nähe, unserer Kommunikation miteinander, und den ganzen Eindrücken die sie sammeln konnte und durfte, was erlaubt ist, und was nicht. Es gibt Kommandos, die sie perfekt befolgt. Unter anderem jene, die sie in einem Gespann oder während der Arbeit können muss. Es folgen Sitz, Pfui, … und das wars. Bleib, Komm, Platz, also die klassischen Retrieverbefehle, auf die pfeift sie einfach. Sie kennt ihre Bedeutung, doch ausgeführt wird davon nichts.

Was ein Traum ist, “Pfui” reicht geflüstert. Sie lässt sofort ab wenn sie was interessantes entdeckt hat, aber mit für sie gefährlich erscheint. Sie nimmt keine Köder auf, lässt Kadaver von verendeten Tieren links liegen, ist beim Spazierengehen an der Leine ein Traum. Klar, weil sie von mir nicht eingespannt wird. Sie kennt kein Rennen oder tägliche Arbeit. Sie lebt einfach ihr Leben, und es scheint ihr verdammt gut zu gefallen.

Viele würden das nun als “Problemhund” bezeichnen, deswegen der Titel. Ein Hund der nicht aufs Wort pariert, nicht den Vorstellungen der Gesellschaft entspricht, selbständig entscheiden kann was er will und was nicht. Wie kann man nur? Ein Hund der nur dann schmusen kommt, wenn er will. Ein Hund den man nicht von der Leine lassen kann (können schon, aber die Rückkehr ist für Stunden fraglich, und Jäger lauern überall). Ein Hund, der sich eben nicht von jedem anderen Hund die Schnauze in den Arsch stecken, oder sich von jedem Rüden besteigen lässt. Ein Hund der sich wilde und nicht erzogene Artgenossen die man ohnehin nicht dazu eingeladen hat, näher als 10m zu kommen, elegant mit annähernd wölfischen Methoden mal schnell auf den Rücken schmeißen und sie ermahnend an der Kehle ruhig stellen. Ja, das sind Problemhunde, die natürlich sofort einer Umerziehung bedürfen, während man den Halter oder die Halterin psychologisch von allen Seiten aus bearbeitet und erklärt was sie alles falsch gemacht hätten weil sie so ein Tier besitzen.

Ein Gfrast und trotzdem folgsam.

Ich sag Euch was: Ich hab so einen Problemhund! Und ich bin stolz auf diesen Problemhund! Weil es ein pflegeleichter Problemhund ist, der seinen rassetypischen Ur-Charakter behalten durfte! Und genau das macht den Alaskan Malamute aus! Nicht sein perfektes Aussehen, nicht ellenlange Zuchtpapiere und Ahnentafeln die in manchen Zuchten nicht einmal das Papier wert sind, worauf diese geschrieben sind, sondern der Ursprungshund, der charakterstarke Begleiter durch dick und dünn. Ich habe schon Hunde aus “perfekten” Zuchten gesehen, wunderschön anzusehen, aber von vorne bis hinten krank waren, und aggressiv gewesen sind. Hauptsache die Ahnen hatten jede Menge Championstitel, denn meist wird nur mehr danach verpaart. Ich habe aber auch Hunde gesehen, ohne Papiere, aus “Eigenzuchten”, gesund, charakterstark, einfach wunderbare Hunde die sich genauso entwickelten wie sie eben rassetypisch sein sollten.

Man kann nun sagen was man will, aber eine gute Zucht erkennt man schon daran, wie viele Würfe gemacht wurden, ob die Zucht eine Linie einhält (die Hunde sehen immer annähernd gleich aus, ähneln sich im Charakter, also keine kreuz und quer Zuchten mit unterschiedlichen Farben, Felllängen, etc.) und in welchem Alter die Hunde abgegeben werden. Je höher der Preis der Hunde, desto mehr die Erkenntnis dass es sich um eine “Ware” handelt mit der man gut verdienen kann und will. Ich persönlich kenne den Preisunterschied, und ich weiß auch, was man für “wenig” Geld bekommen kann, wenn man nur ein bischen Geduld hat und sich für einen pflegeleichten “Problemhund” entscheidet …

Und ich liebe diesen Problemhund!

1 Kommentar

    • Ruth Rüsch-Perk auf 10. April 2020 bei 13:50
    • Antworten

    Treffend geschrieben, ich sage nur: sture Dickschädel ,. Was würden wir auch machen ohne sie ? 😉

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