Der alte Hund

Der alte Hund

Leider durften meine beiden vorherigen Weggefährten nicht wirklich “alt” werden, aber diese Zeilen erinnern doch sehr an viel selbst Erlebtes. 


Kitaro & Anka 2006

Anka 2014 und Kitaro 2016

 

Erinnerst Du Dich? Eben noch ist der acht bis zwölf Wochen alte Welpe durch Deine Wohnung galoppiert, war als Einjähriger der Schrecken aller Kaninchen. Selbst mit 8 Jahren war er nicht zu halten, wenn er einen Ball sah. Plötzlich ist alles anders. Plötzlich? Nein, die Anzeichen kamen schleichend.

Das Aufstehen und Hinlegen fällt schwerer.
Das jahrelang bewährte Futter schmeckt plötzlich nicht mehr so richtig.
Die Blase drückt viel öfter als früher.
Die im Welpenalter aufgebauten Hundefreundschaften werden nur noch kurz beschnüffelt, dann wendet man sich auch schon wieder dem Heimweg zu.
Das Bedürfnis nach Wärme und Zuwendung ist größer als je zuvor.

DER HUND IST ALT.

Kleine Rassen werden bekanntlich älter als große, das spielt aber in diesem Fall überhaupt keine Rolle. Es geht darum, dem Hundesenior gerecht zu werden und sich seinen Ansprüchen anzupassen. Dein Hund hat Dich jahrelang begleitet. Er war Dir ein treuer Gefährte und Partner. Er hat Dir nie vorgeworfen, dass eine Fahrt bei 25 Grad im Sommer im Hundepelz weniger angenehm ist. Er hat gefressen was Du ihm vorgesetzt hast und er hat seine Geschäfte erledigt, wenn Du ihn hinaus gelassen hast. Nun fordert das Alter von Deinem Hund Tribut, und Du stehst in der Pflicht, es für Deinen Gefährten so angenehm wie möglich zu machen. Das bist Du ihm einfach schuldig.

Das Altern von Tieren jeglicher Art unterscheidet sich kaum von den Alterserscheinungen eines Menschen. Wer kann sich also nicht vorstellen, dass es nun beschwerlicher ist, einen Hügel zu erklimmen als früher, dass die Ohren und Augen in ihrer Sinneskraft nachlassen. Dass man jugendlichen Flegeln am liebsten aus dem Weg geht, weil man sich einem Kräftemessen nicht mehr gewachsen fühlt. Es ist so einfach, sich in einen alten Hund hineinzuversetzen, wenn wir uns nur einmal die Mühe machen und darüber nachdenken, was gut und wichtig für ihn ist.

Würdest Du Deine Oma in der Garage schlafen lassen, weil sie ihren Blasendrang nicht mehr wie früher unter Kontrolle hat? Würdest Du ihr einmal am Tag eine fette Mahlzeit vorsetzen, obwohl sie schon am Morgen nach einer Kleinigkeit verlangt? Würdest Du Deine alte Oma wirklich einen ganzen Tag alleine lassen? NEIN! Wenn ein Funken Menschlichkeit in Dir steckt, dann kannst Du diese Fragen nur mit „niemals!“ beantworten.

Unseren alten Hunden aber widerfährt dieses Schicksal auf der Welt millionenfach.

Warum? Halten wir unsere Tiere für seelenlose Maschinen? Das wohl nicht. Aber sie lamentieren und klagen nicht, sie weinen und stöhnen nicht, vor allem aber klagen sie nicht an, und solange sie das nicht tun, schlussfolgern wir, dass es ihnen gut bei uns geht. Welch fataler Irrtum. Wenn Du diesen Teufelskreis durchbrechen willst und dem Hund die Anerkennung zollst die ihm gebührt, dann haast Du die Möglichkeit, Deinem Freund auf seinem letzten Lebensabschnitt zu begleiten und in aller Ruhe von ihm Abschied zu nehmen. Er dankt es Dir tausendfach.

Verbanne ihn auf keinen Fall von seinem gewohnten Schlafplatz, nur weil Darm- oder Blase hin und wieder nicht funktionieren. Wenn vorher sein Schlafplatz mit einer Decke ausgestattet war, dann kostet es Dich doch nur ein müdes Lächeln, das Lager mit ein oder zwei weiteren Decken weicher zu gestalten. Die alten Knochen sehnen sich nach Wärme, und das Immunsystem ist krankheitsanfälliger. Also versteht es sich von selbst, dass Du Deinen Hund bei Kälte und Regen nicht draußen abliegen lässt, auch wenn ihm das in den vergangenen 10 Jahren nichts ausgemacht hat!

Teile die Futterrationen auf mehrere kleine Mahlzeiten am Tag auf. Reiche ihm sein Fressen wenn er danach verlangt, denn alte Hunde werden in der Regel oft sowieso von Appetitlosigkeit geplagt. Gönne ihm hin und wieder einen besonderen Leckerbissen.

Die Gewaltmärsche von früher sind tabu. Statt dessen gehe lieber einmal mehr eine kleine Runde. Pflege ihn weiterhin wie gewohnt. Es gibt keinen Grund einen alten Hund weniger zu bürsten oder pflegen, nur weil keine Aussicht mehr besteht auf einer Ausstellung mit ihm zu glänzen. Besonders wichtig ist aber für Deinen Hund, dass er nun besonders auf Deine Liebe und Fürsorge angewiesen ist.

Hunde, die zu Lebzeiten keine ausgesprochenen Schmuser waren, entwickeln im Alter eine ausgesprochene Liebesbedürftigkeit. Schenke Deinem alten Hund daher Deine ganze Aufmerksamkeit. Es ist nicht der richtige Zeitpunkt, ihm mit zwölf oder gar dreizehn Jahren einen Welpen vor die Nase zu setzten. Die Möglichkeit dazu hattest Du vorher.

Beobachte Deinen Hund. Wenn er Anzeichen von Schmerzen oder krankhafte, körperlichen Veränderungen zeigt, dann ist der Gang zum Tierarzt oder ein Hausbesuch desselben dringend erforderlich. Es liegt in Deiner Hand, dem Hund Schmerzen zu ersparen. Sollte es aber für Deinen alten Hund keine Rettung geben, dann bist besonders Du als lebenslange Bezugsperson gefordert. Den Hund auf seinem letzten Weg einem Bekannten oder gar Fremden anzuvertrauen, ist unverzeihlich. Er hat Dir ein Leben lang zur Seite gestanden, und es ist Deine Pflicht ihn bis zur letzten Minute zu begleiten. Ein Hund, der in einer Tierarztpraxis umgeben von Fremden stirbt, ist ein unglücklicher Hund! Wir alle empfinden bei diesem letzten Gang unsagbare Trauer, Schmerz und Leid. Niemand braucht sich in diesen Minuten seiner Tränen zu schämen. Aber der Hund ist es, der stirbt, und er hat ein Recht auf die streichelnden Hände seiner Bezugsperson. Egal, wie schwer uns das fällt.

Auch wenn Dein Hund jetzt noch jung ist oder Du Dich gerade erst mit dem Gedanken befassen, einen Hund anzuschaffen: Auch Dein Hund wird alt. Und es ist der biologische Lauf der Dinge, der unseren Hund nun einmal früher sterben lässt als uns. Es liegt in Deiner Macht, ihm den Herbst des Lebens so angenehm wie möglich zu machen.

Ein alter Hund ist etwas Wundervolles! Er versteht ohne Worte …

 

Ursprungstext: Dagmar Spillner (1998)

 

2 Kommentare

    • Thomas Kirstein auf 5. März 2018 bei 13:46
    • Antworten

    Ich kann dir nur beipflichten,habe leider Altersbedingt einige verloren.Ich hoffe nur ich habe ihnen den Lebensabend und das Ende so angenehm wie möglich gemacht Thomas

    1. Ja Thomas, ich kannte Deine Hunde. Sie hatten ein schönes Leben bis zum Schluss. LG!

Schreibe einen Kommentar zu Christian Veigl Antworten abbrechen

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.

*